[Event "BSG: Simultan"] [Site "?"] [Date "2012.02.06"] [Round "?"] [White "GM Slobodjan, Roman"] [Black "Gebur, Thomas"] [Result "1/2-1/2"] [ECO "A88"] [WhiteElo "2530"] [BlackElo "1703"] [PlyCount "80"] [EventDate "2012.02.07"] [Source "Mark Crowther"] [SourceDate "2011.03.07"] {Kommentare: TG Thomas Gebur; Roman Slobodjan RS; DC Dennis Calder Ein denkwürdiger Abend - Eindrücke vom Simultan gegen GM Roman Slobodjan: Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man einem Großmeister "gegenüber sitzt", deshalb will ich im folgenden meine Eindrücke von meiner Partie schildern. Da ich kein besonders starker Schachspieler bin, bitte ich, meine dürftigen Kommentierungskünste vorab zu entschuldigen. Zunächst muss festgehalten werden, dass ich an diesem Abend viel Spaß hatte. Und dieses Verdienst gebührt vor allem meinem Tischnachbarn Axel Reeh, der auch eine sehr beachtliche Partie spielte. Es war einfach wahnsinnig lustig, mit Axel "schlaue" Kommentare zum Geschehen zum Besten zu geben. Wir haben den GM im Hinblick auf Gestik und Mimik ausgiebig studiert. Anfangs fiel auf, dass er vor allem bei Erhard Waldeck lange überlegte. Axel meinte, Erhard müsse also schon im fünften Zug großen Vorteil haben. Ich tippte eher darauf, dass der GM gerade ein Matt in 25 berechnete. Sorry Erhard. TG} 1. d4 {Ja, toll. Fast überall e4 und bei mir d4. Ich spiele ja erst seit kurzem Holländisch, aber heute musste das wirklich nicht sein. Nun denn. TG} f5 {Ich möchte auch meine Anmerkungen zu dieser Partie geben. Für einen Simultanspieler ist es manchmal sehr schwer, am Anfang der Veranstaltung die Spielstärke des Gegners einzuschätzen. Holländisch ist sehr kompliziert und mein Freund und Experte der Variante, Alexander Onischuk, (bei der letzten Runde der Ukrainischen Meisterschaft, bei der ich ein Sekundant von ihm war, hatte er mit dieser Verteidigung seinerzeit den Meistertitel errungen) sagte, dass sogar Karpov Schwierigkeiten hatte, mit Weiß einen klaren Weg zu finden. Zurück zur Partie: Mein erster Eindruck war, dass ich vorsichtiger spielen muss. RS} 2. Nf3 Nf6 3. g3 g6 4. Bg2 Bg7 5. O-O O-O 6. c4 d6 7. Nc3 c6 8. d5 {Tja, und hier verließ mich schon alles Eröffnungswissen, da ich diese recht häufig gespielte Variante einfach noch nicht kenne. Den Rest habe ich also am Brett gefunden! Meine Datenbank meint, e5 sei hier geboten.} c5 {Diesen Zug kennt meine Datenbank gar nicht. Aber immerhin meint die Engine, dass ich nur einen halben Bauern schlechter stehe. TG Meine Datenbank fand immerhin eine Partie: Paschall (2400) gegen Seres (2496). Aber hier gewann Weiß. DC Der Zug ist schlecht. Ab diesem Moment dachte ich, es wird eine leichte Partie werden. RS} 9. Qc2 (9. Rb1 $5 {Danach b3 und Lb2 TG. So spielte seinerzeit auch Paschall. DC}) 9... Na6 10. Bd2 Nc7 {Eigentlich spielt ja im Holländer für gewöhnlich Schwarz am Königsflügel und Weiß am Damenflügel. Aber ich dachte, dass ich über kurz oder lang zu b5 kommen und so den weißen d-Bauern schwächen kann. Das schien mir erst mal vernünftig, und die nächsten Züge folgen diesem Plan. TG} 11. Rad1 a6 12. a4 { Tja, das habe ich erwartet. Das sollte wohl b5 verhindern. Ich dachte mir, dass ich das trotzdem spielen könnte. Also: TG} b5 {Und tatsächlich findet auch meine Engine meinen Plan jetzt gut. TG} 13. b3 {Hm, das kam überraschend. Mir war dieser Zug nicht klar. Ich wollte jetzt nicht b4 spielen, weil ich dachte, mein Turm findet sonst kaum noch ins Spiel, ganz im Unterschied zu den weißen Figuren. Die Engine hält b4 jedoch für am besten, warum auch immer, und zwar immerhin mit einem Drittelbauern plus für mich. Ach, immer dieses Enginegedöns. Tja, für mich eine nette Spielerei, aber verstehen kann ich das zumeist nicht. Ich dachte, mir mit Tb8 erst mal mehr Möglichkeiten zu eröffnen, den Turm aus der Diagonale des Läufers zu nehmen und so dann im Fall der Fälle zwei Springer auf d5 schielen zu lassen. TG Besserwisser würden vielleicht sagen, dass ja immer ein Bauer c4 da ist, den Schwarz nur schwer anknabbern kann. Daher zielen die Springer wahrscheinlich umsonst auf d5. Und dass der Lg2 ja auf den eigenen d5 zielt und damit für den Ta8 auch nicht gefährlich wird. Aber die potenziell offene b-Linie für den Turm ist was wert. DC} Rb8 14. Rfe1 {Ja, Weiß will wie so oft in der Höllandischen Verteidigung e4 durchsetzen. Ich dachte, so schnell geht das nicht und wollte erst mal eine weitere Figur ins Spiel bringen. TG} Bd7 {Der Läufer zielt schon mal nach a4, muss aber erst mal das Loch auf e6 bewachen wegen eventuellem Sg5. TG} 15. axb5 {Hm, warum der GM das jetzt für gut befindet, war mir nicht klar. Aber ich fand das alles gut für mich, da sein d-Bauer irgendwie schwach werden könnte. Außerdem hatte ich ja jetzt die a-Linie für meinen Turm, da sein Turm ja nicht mehr auf a1 steht. Gut, die Linie gehört mir noch nicht, aber ich hatte den Eindruck, dass mein Turm auf jeden Fall mitspielt. TG Und wieder der eingebildete Besserwisser: c4 ist die Schwäche, d5 eher weniger, weil ja noch von c4 gedeckt. DC} axb5 16. e4 $2 {Tja, das sind jetzt solche Momente, in denen man normalerweise sieht, dass man einen Bauern gewinnen kann. Doch gegen einen GM will man das einfach nicht glauben. Ich befürchtete schon irgendwelche gemeinen Tricks in 15 bis 20 Zügen, sah aber keine. Also lass ich mir es eben zeigen. Ich sagte noch zu Axel: "Also komisch fühlt sich das schon an, ich mache es aber trotzdem!" Tja, solch geniale Gedanken habe ich am Brett! Also: TG} b4 {b4 habe ich einfach übersehen. Das ist die Folge und Strafe für meine Leichtfertigkeit, nachdem Schwarz c5 gezogen hatte. RS Es war natürlich klar, dass ich nun die Mimik des GM genau studieren musste, um herauszubekommen, was eigentlich auf dem Brett los war. Ich selbst konnte das ja schließlich kaum wissen. Erst mal ließ sich Herr Slobodjan viel Zeit. Das beruhigt nicht unbedingt. Denn vielleicht rechnet er einfach zur Sicherheit nochmal die 18-zügige Kombination nach, und klar, das dauert dann eben schon ein bisschen. Gut, wenn ich sage, viel Zeit, dann ist das sehr relativ, für meine Verhältnisse immer noch sehr schnell. Aber da? Sah ich da nicht ein Verziehen der Unterlippe nach schräg unten? Doch, doch, so war es. Das konnte doch nun wirklich nur eines bedeuten: Ich habe ab sofort einen gesunden Mehrbauern. Und klar dachte ich jetzt schon an ein mögliches Remisangebot, hatte aber den Eindruck, dass das von mir unverschämt wäre. Ich an seiner Stelle hätte gegen mich einfach mit dem genialen Plan weiter gespielt, so lange zu warten und weiterzuspielen, bis Schwarz schlimm daneben greift. An was man eben so alles denkt, wenn man nicht gegen seinesgleichen spielt. TG} 17. Ne2 Nxe4 {Und zack, da ist der Mehrbauer. Wie gut, dass ich lange an fxe4 gerechnet hatte, um dann fast plötzlich zu entdecken, dass der Springer ja auch schlagen kann. TG} 18. Bc1 Ra8 {Der Turm hat auf der b-Linie nichts mehr verloren und besetzt sicherheitshalber die a-Linie. Das kann nicht verkehrt sein. TG} 19. Ng5 {Ja, ja, hatte ich mir auch gedacht, dass jetzt die weißen Figuren nach vorne stürmen und mich trotz Mehrbauer einfach platt machen. Aber ich dachte auch: Einfach mal gegenhalten! Das war jetzt auch eine Partiephase, in der ich viel gerechnet habe und schwer erstaunt darüber war, wie schnell mein Gegner doch schon wieder vor mir stand. Mir war klar, dass das nur bedeuten konnte, dass meine Fehlerquote steigen würde. Wie um mir Mut zu machen sagte ich auf Axels Kommentar hin, dass dies wohl ein langer Abend werden würde, dass das aber doch auch bedeute, dass die Fehlerquote steige. Axel: "Ja, unsere." Ich: "Hm, wer hat denn hier den Mehrbauern?" Herr Slobodjan, der sich gerade drei oder vier Bretter weiter befand, drehte sich genau in diesem Moment um und sah kurz zu uns her; wohl um anzudeuten, dass er das gehört hätte. Ein leichtes Gefühl von Beschämung ob einer Majestätsbeleidigung wollte sich bei mir gerade einstellen, da huschte ein Lächeln über das großmeisterliche Gesicht, das uns bedeuten sollte, dass er schon ziemlichen Sinn für Humor habe. Das machte mir den GM gleich noch sympathischer. Aber einlullen lassen wollte ich mich deswegen auch nicht. War aber schon passiert: Ich dachte über allerlei abseits des Brettes nach, da stand er auch schon wieder vor mir. Ich war mir sicher, dass Sc3 ziemlich gut sein müsse, hatte dann aber nicht mehr alles berechnen können und schließlich nicht den Mut, den Zug trotzdem zu spielen. Also zog ich den vermeintlich sichereren Zug Sf6, wohl ahnend, dass dies die Angriffschancen von Weiß ziemlich erhöht. TG} Nf6 {Da mich das Elektrohirn nur noch mit einem halben Bauern vorne sieht, habe ich also gerade virtuell einen Bauern verloren! Vergleichen wir die Alternativen:} (19... Nc3 20. Rd2 (20. Nxc3 bxc3 {und das Rechenmonster sieht mich mit dem Gegenwert von zwei Bauern vorne.} ({Schwächer ist} 20... Bxc3 21. Re2 Ra1 {, bewahrt aber immer noch schwarzen Vorteil.})) 20... Ra1 {und auch hier meint die Engine, Schwarz stünde mehr als deutlich besser, nämlich -1,7. Ja, Gott sei Dank muss man das am Brett nicht denken, da man dort bekanntlich keine Hilfsmittel hat. TG}) 20. Nf4 {Eben, so hatte ich das befürchtet, dass Weiß seine Armada nach vorne wirft. Aber: Mehrbauer ist Mehrbauer! TG} Ng4 {Ha, daran habe ich lange gerechnet. Es galt, vieles zu bedenken. Nämlich: Findet der Springer noch ein sicheres Plätzchen, wenn er mal mit h3 und evtl. späterem f4 angeschubst wird? Kann eine Tauschorgie auf e6 dazu führen, dass mein Turm jetzt eher ungünstig in der Läuferdiagonale steht? Ist oder wird e7 schwach? Und, und, und. Nach meinen Überlegungen ging das alles noch für Schwarz und im Nachhinein gibt mir der PC recht. Na also. TG } 21. h3 Ne5 22. Nd3 {Das kam nun überraschend für mich. Ich dachte schon an einen Tausch, hatte aber den Eindruck, dass dann die halboffene e-Linie Probleme machen wird. Daher dann lieber den Turm aktivieren und aus der Diagonale raus: TG} Ra1 23. Bf4 {Hm, schon wieder so ein Zug, der mir erst mal nichts sagt, will heißen: Das habe ich nicht erwartet. Vielleicht wollte der GM einfach taktische Verwirrung stiften. Mein Plan: abtauschen, mit h6 den Springer vertreiben, e7 sichern, mit der Dame über die a-Linie ins feindliche Lager eindringen, vielleicht die Damen tauschen, dann den König nach vorne und versuchen, b3 mal anzuknabbern. Und dann ist doch erst mal alles gut, oder? Ja, doch, ehrlich, das habe ich mir alles überlegt! TG} Rxd1 24. Qxd1 Nxd3 25. Qxd3 h6 26. Ne6 {Hoppla! So hatte ich mir das nicht vorgestellt! Der sollte doch nach f3, was will der Springer hier? Hier wurde es taktisch: Es galt zu prüfen, ob nicht Tricks gingen wie gelegentliches Lxd6 verbunden mit dem Vorrücken des Bauern d5, nachdem er auf e6 wiedergenommen hat, wobei in Verbindung mit Lc6 die Umwandlung oder zumindest Materialverlust droht. Ich dachte aber, das geht alles, wenn ich zu Se8 kommen kann, der nochmals d6 sichert. Wohlgemerkt: Nach meinem Empfinden stand Herr Slobodjan jetzt immer ziemlich schnell wieder vor mir. TG} Bxe6 27. dxe6 Ne8 28. h4 {Na, hat doch erst mal funktioniert. An h4 störte mich erst mal gar nichts. Also weiter im Plan: TG} Qa5 29. h5 {Upps, jetzt sah das aber schon etwas ungemütlich aus. "Was tun?" fragte schon Lenin und ich gab mir die Antwort: Was soll schon schief gehen nach g5? Gefragt, getan: TG} g5 {Nach meinen Berechnungen - ja, okay, ich sage besser: Vermutungen - brachte Lxg5 und h6 nichts ein. Und so ist es auch. Nur für den, den es interessiert: Die Maschine sieht mich mit ca. zwei Bauern vorne. TG} 30. Bd2 {So, Zwischenbilanz: Ich hatte den Eindruck, ich stehe ganz ordentlich da. Mehrbauer, Stellung stabil, keine Schwächen, diverse Optionen. Also wollte ich ein weiteres Plus einheimsen: Mit Sf6 den Bauern h5 abholen. TG} Nf6 31. Qxf5 { Ja, und jetzt eben nicht den Bauern gleich abräumen, der läuft ja nicht weg, sondern erst mal die Stellung verbessern, indem ich mit der Dame "eindringe". Ehrlich gesagt, glaube ich, dass mir solche Ideen normalerweise nicht so oft kommen. Aber hier und heute war es einfach anders. Ich hätte übrigens nicht mit Dxf5 gerechnet, weil mir das die schöne halboffene f-Linie beschert! TG} Qa2 32. Qd3 {Der einzige Zug, der Bauer und Läufer deckt. Ich glaube, es war ungefähr diese Stellung, als ich Peter Schulz sagen hörte, ich sei wohl der einzige, der hier etwas bestellen könnte. Uhh, das klang gut, erhöhte aber auch enorm den Druck!!! Außerdem dachte ich mir: Hm, ein Remis wäre schon toll, aber hier kann ich auf Sieg spielen. Diese Chance kommt doch in den nächsten 20 Jahren bestimmt nicht nochmal gegen einen GM! Und Axel erzählte mir ja vor der Partie, dass er mal gegen Taimanov gewonnen hätte!!!!!!! Insofern hatte mich also der Ehrgeiz gepackt: Und das machte das Ganze wirklich anstrengend: Ich suchte nämlich jetzt auch meinerseits nach taktischen Möglichkeiten, etwa, mit Sg4 mal f2 zu befragen. Vielleicht irgendwann mal Ld4 einstreuen. Vielleicht aber auch auf Damentausch spielen und mit dem Turm dann b3 belagern. Ich dachte, nach Sg4 ginge gut f3, und ich wäre meinen Mehrbauern los. Daher spielte ich: TG} Nxh5 {Und der Rechner sagt, mein Vorteil sei dahin.} (32... Ng4 {wäre in der Tat richtig gewesen. Nämlich so:} 33. f3 (33. Rf1 Ne5 34. Qe3 g4 35. Bc1 Nf3+ 36. Bxf3 Rxf3 37. Qe4 Qxb3 38. Qxg4 Rf6 39. Be3 Qd3 $19) 33... Bd4+ 34. Be3 (34. Kf1 Ne5 35. Rxe5 Bxe5 $19) 34... Bxe3+ 35. Rxe3 (35. Kh1 Nf2+ {verliert die Dame!}) 35... Qa1+ 36. Bf1 Nxe3 37. Qxe3 $19 {TG}) 33. Be3 Qb2 34. Rb1 Qe5 {Mir gefiel dieser Zug noch besser, als mit Dc3 auf Abtausch zu spielen. Er sah einfach flexibler aus. Und ich dachte auch schon mal über Geschichten nach wie Sxg3 fxg3 Dxg3, aber das schien mir (noch?) zu riskant. TG } 35. Qe4 {Aha, er bietet den Tausch an. Ich wollte aber jetzt mehr. TG} Qc3 36. Bh3 (36. Bf3 {schlägt der Rechner vor und meint trocken 0.00!! TG} Nf6 37. Qg6 Qe5 $11) 36... Nf6 {Und wieder meint der PC, ich hätte allen Vorteil weggeworfen, während richtig gewesen wäre:} (36... Kh8 37. Kg2 Qe5 38. Qg6 Nxg3 39. fxg3 Qxe3 40. Bf5 Qe2+ 41. Kh3 g4+ 42. Qxg4 Qxg4+ 43. Kxg4 $17) 37. Qg6 { Nach diesem Zug war ich mit meiner Stellung endlich zufrieden.Weiß hat zwar einen Bauern weniger, aber die weissen Steine sind endlich koordiniert. RS Ach, Du Schreck. Das sah ja richtig gefährlich aus. Erst allmählich sah ich die diversen Drohungen. Ich musste ja f5 decken, um das Matt auf h7 nach Lf5 zu verhindern. Hm, nur wie? Dass das gar nicht nötig ist, da Sf6 h7 ja unter Kontrolle hat, sah ich in meiner Patzernervosität gar nicht. Jemand in meinem Rücken meinte, ich müsste jetzt schon die Qualität geben. Nur: Ich sah gar nicht, wie das gehen sollte. Dann verstand ich, dass Se8 in der Tat die Qualität gab. Aber ich hatte auch den Eindruck, das kostet mich die Partie. Und vor allem sah ich, dass dummerweise mein Gegner schon wieder fast vor meinem Brett stand. Ich hatte gar keine Zeit mehr, irgendwas noch groß zu berechnen. Ich dachte aber blitzschnell, dass ich mit g4 zwar einen Bauern geben könnte, dafür aber auch diesen Mistläufer endlich loswerden würde. Zumal dieser immer wieder e6 deckte, diesen Fast-Pfahl-im-Fleische! Also nahm ich all meinen Mut zusammen und zog tatsächlich: TG} g4 $2 {Was für eine Überraschung.... Mir war klar, der Zug konnte nicht gut sein: Der weiße Läufer auf e3 wird aktiv und h6 hängt, der Bauer auf g4 wird schwach. Nach einer kurzen Berechnung der Variante Lxh6 habe ich festgestellt, dass das nicht gut für Weiß ist. Aber das einfache Wegziehen mit dem Läufer nach f1 , sogar nach g2 wäre besser gewesen als zu schlagen. RS Ich war bis eben eigentlich mächtig stolz auf diesen Zug. Bis mir dieser verdammte Rechner sagte, dass Weiß nun mit mehr als vier Bauern nicht nur vorne läge, sondern klar auf Gewinne stünde. Scheißtechnik! Nun ja, ich weiß aber auch noch, das das GM-Gesicht eine Mine zeigte, die nichts Gutes verriet - für Weiß!!!!! Er zog also etwas zerknirscht: TG} 38. Bxg4 $2 {Und ich hatte tatsächlich mein Ziel erreicht, da niemand} (38. Bf1 $18 {sah. Wenn der Springer zieht, hängt g4. Aktuell hängt schon h6. TG}) (38. Bg2 $14 {wäre auch besser als der Partiezug gewesen. RS}) 38... Nxg4 39. Qxg4 Qd3 40. Qd1 Qe4 {Ich gewinne jetzt den Bauern e6 und stehe ziemlich gut da. Allerdings wäre der Weg noch recht weit und womöglich gibt es ein Schwerfigurenendspiel, das nicht nur generell schwierig zu gewinnen ist, sondern für mich allemal. Ich dachte daher, das sei ein guter Zeitpunkt, ein Remis anzubieten. Herr Slobodjan überlegte auch nicht lange und besiegelte seinen ersten Punktverlust, wenn es auch nur ein halber war. So, noch ein kleines Fazit: Es war ein sehr netter Abend, mit einem sehr netten Gegner und einem äußerst netten Ergebnis für mich. Matthias Rast meinte noch, ich möge mal das Licht abschalten, ich würde so strahlen. Ja, ich fühlte mich gut, richtig gut auf dem Nach-Hause-Weg, bis mir der Rechner sagte, was für ein Bock mein "genialer" Zug g4 gewesen sei. Na, sei es drum. Ich bin dennoch etwas stolz. Und außerdem weiß ich jetzt ganz genau, dass auch Großmeister mal daneben liegen können, siehe hier den 16. Zug sowie den 38. Zug. Na schön, wir sollten nicht vergessen, das war ein Simultanspiel! In einer "normalen" Partie hätte er diese Fehler wohl kaum gemacht. Dennoch, gut zu wissen, dass die GMs menschlich spielen. Doch, ehrlich, das war so. Da war nichts abgesprochen, da gab es keine Bestechung, Herwarth! Wirklich! Herwarth meinte, dass ausgerechnet zwei Vorstandsmitglieder (außer mir noch Hayo Hoffer) die einzigen seien, die ein Remis erzielten, würde doch stark nach Absprache und Bestechung riechen. So, mir hat die Veranstaltung gefallen, ich hoffe, allen anderen auch, und ich bedanke mich außerordentlich bei Dennis Calder, der den Kontakt zu Herrn Slobodjan herstellte. TG Ich möchte mich für den wunderschönen Abend bedanken, den ich in Bremen habe erleben dürfen. Besonders möchte ich mich für den herzlichen Empfang bei Dennis Calder bedanken und wünsche dem Verein, seinen Mitgliedern, seinem Vorstand und den dort tätigen Menschen, viel Erfolg für die Zukunft. RS} 1/2-1/2 [Event "Simultan am 06.02.2012 rshhca"] [Site "?"] [Date "????.??.??"] [Round "?"] [White "GM Slobodjan, Roman"] [Black "Hoffer, Hayo"] [Result "1/2-1/2"] [ECO "E16"] [PlyCount "115"] [Source "Mark Crowther"] [SourceDate "2011.03.07"] {16384kB, General.ctg. PentiumII} 1. d4 {Kommentare: HH Hayo Hoffer; RS Roman Slobodjan; DC Dennis Calder} Nf6 2. Nf3 d5 3. c4 e6 4. g3 Nbd7 5. Bg2 b6 {Ein ungewöhnlicher Zug. dxc4 ist hier eine von mehreren "üblichen" Varianten. Hier beschwert sich Rybka 4 erstmals. DC} 6. O-O Bb7 7. cxd5 Bxd5 {Noch ein ungewöhnlicher Zug. Hier regt sich Rybka wieder auf. Sc3 drängt sich hier für Weiß auf, daher war eigentlich klar, dass der L wieder ziehen muss. e4 wird ohnehin nicht zu vermeiden sein. Sollte Weiß e4-e5 spielen wollen, so hat Schwarz d5. DC} 8. Nc3 Bb7 9. Re1 c5 10. e4 cxd4 $2 {Reduziert die Spannung im Zentrum. Rybka findet den Zug aber völlig in Ordnung. DC} 11. Nxd4 e5 $2 {Es fragt sich, ob dieser Zug notwendig ist. Schwarz ist unterentwickelt und versucht mit einem "aktiven" Zug (man sollte besonders in der frühen Phase der Partie Doppelzüge vermeiden) die Gefahr vom weißen Läufer auf g2 zu minimieren. Besser wäre, Lf8-c5 und Rochade. RS} 12. Nf5 g6 13. Nd6+ Bxd6 14. Qxd6 {Da geht das Läuferpaar in offener Stellung ohne Kompensation. DC} Rc8 {Besser als 14.... De7, worauf Weiß nach 15. Sb5 die Punkte c7 und d6 erobert. RS} 15. Bg5 Rc6 16. Qa3 a6 17. Nd5 {Jetzt sieht man deutlich die Nachteile von 11...e5. Weiß steht offenkundig vorteilhaft. RS Ein alter Freund hätte gesagt, dass wäre ein schwarzfeldrige Katastrophe... Umso beeindruckender ist das Endergebnis. DC} h6 18. Be3 Nxd5 19. exd5 Rc2 {Rybka will hier Tc4. Kein Wunder, er sah die weiße Drohung Ld4 ja auch schon. DC} 20. Rad1 $6 {Die beste Fortsetzung von Weiß wäre jetzt 20. Ld4 gewesen. RS Das hätte wohl entweder d5 gewonnen oder mit Lc3 den Tc2 eingeklemmt. DC} Nc5 21. b4 (21. Bxc5 Rxc5 22. b4 Rc7 23. Rxe5+ Kf8 24. b5+ Kg7 25. bxa6 Qf6 26. f4 $18 {Rybka 4. 20. ... Sc5 war also kontraproduktiv. DC}) 21... Nd7 22. Qb3 {Rybka ist nicht überzeugt. Er hätte gerne b5 und erst dann Db3 bzw. Ld4 gesehen. DC} Rc8 23. f4 f6 24. d6 {Diese Stellung kann als für Weiß gewonnen angesehen werden. RS} Bxg2 25. Kxg2 Kf8 26. Rf1 $2 {Schwerer Fehler. DC} (26. fxe5 Nxe5 27. d7 $18 {Rybka. Weil weder Sxd7 noch Tc7 geht... DC}) 26... Kg7 27. fxe5 Nxe5 28. Bd4 Nd7 {Auch hier will Rybka einen anderen Zug. DC} (28... Qxd6 29. Bxe5 Qc6+ 30. Kg1 $18) ( 28... Re8 $5 {Aber der ist nun wirklich schwer zu sehen und erfordert eine Menge Mut. DC}) 29. Rf2 Rf8 30. Qe6 Re8 31. Qd5 Rf8 32. Re1 Rf7 33. Re6 Qf8 34. h4 $2 {Noch ein Fehler. Nach 34. Tfe2 steht weiß klar besser.(RS)} Re8 35. h5 Rxe6 36. Qxe6 Qa8+ 37. Kh2 Qc6 (37... gxh5 {Rybka: +0.85 statt +1.7 nach Dc6. DC}) 38. hxg6 Kxg6 39. Rf4 Kg7 40. a3 $4 {Es gibt für diesen ruhigen und schlechten Zug keine Ausreden. Während einer Turnierpartie hätte ich auf meine Zeitnot und den 40. Zug als Erklärung spekulieren können. Leicht gewinnt:} (40. Rg4+ Kf8 41. Be3 {RS}) 40... Qc2+ 41. Kh3 Qd3 42. Rg4+ Kf8 43. Qd5 Qf1+ 44. Kh4 Rg7 45. Rxg7 Kxg7 46. Qe4 Qb5 {Schwarz bietet hier mal mutig remis an. HH} 47. Kh3 Qh5+ 48. Kg2 Qf7 49. Qf5 b5 50. Kh3 Kf8 51. Be3 Kg7 52. Bf4 Qe8 53. Kh4 Qf7 54. Qh5 Qg6 55. Qd5 Qe8 56. Qf5 Qf7 57. g4 Qe8 58. Bg3 {Hier bietet GM Roman Slobodjan Remis an, welches erfreut angenommen wurde. HH Objektiv steht Weiß weiterhin leicht besser. Aber wegen der Dauer der Veranstaltung und meiner Müdigkeit habe ich mich für Remis entschieden. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Partie nach der Eröffnung noch Remis endet. An dieser Stelle möchte ich meinen Gegner für seine zähe Verteidigung loben. RS} 1/2-1/2